Der bisherige Saisonverlauf: Micha Thiemann, Trainer des drittplatzierten Teams von HBW Balingen-Weilstetten II, urteilte dieser Tage in einem Zwischenfazit, dass der HCOB die Mannschaft der Südstaffel der Dritten Liga sei, „die einfach eine Klasse besser ist als alle anderen.“ In der Tat haben 14 aufeinanderfolgende Siege nicht nur für Eindruck gesorgt, sondern das Team aus dem Murrtal auch in eine vielversprechende Ausgangslage gebracht. Ein Selbstläufer war das nicht. Mit Stephan Just kam ein neuer Trainer, einige Akteure waren neu im Team, die Spielweise änderte sich im Vergleich zur Vorsaison, das brauchte Zeit. Im August gab es Sorgenfalten. Eine Testspielniederlage gegen die HG Saarlouis, das Pokalaus gegen den Zweitligisten TSG Friesenheim, die Auftaktpleite bei den Rhein-Neckar Löwen II. Der Druck vor dem ersten Heimspiel gegen die Wölfe Würzburg war groß. Die Murrtaler hielten ihm stand, siegten 34:31 – und starteten durch. Beim TuS Fürstenfeldbruck gelang der erste Auswärtssieg. Der Erfolg bei Zweitliga-Absteiger EHV Aue hatte Signalwirkung und brachte die Tabellenführung. Auch danach gingen die Murrtaler stets als Sieger hervor. Mal siegte die Mannschaft von Coach Stephan Just souverän, in einigen Spielen bewies sie Nervenstärke, zum Beispiel beim HC Erlangen II, der zu diesem Zeitpunkt vorne in der Tabelle zu finden war. Das erste Heimspiel in der mit 1332 Zuschauern ausverkauften MURRTAL-ARENA avancierte mit einem 41:29 gegen den TSV Neuhausen/Filder zur Gala. Der Auswärtssieg beim VfL Pfullingen kurz vor Weihnachten sorgte dafür, dass die Murrtaler nach dem ersten Durchgang im Rennen um die beiden Aufstiegsplätze ein Polster angesammelt haben.
Zunehmende Stabilität: Ein positiver Trend in der abgelaufenen Vorrunde war, dass sich die HCOB-Handballer in Spielen, in denen es anfangs oder zwischendurch nicht rund lief, kaum in Hektik versetzen ließen. Sie fanden zu ihrer Linie und übernahmen über kurz oder lang doch das Kommando. Großen Anteil daran hatte oft der im Sommer von der HSG Konstanz gekommene Torwart Janis Boieck, der oft hervorragend hielt und gemeinsam mit Levin Stasch ein zuverlässiges Duo bildet. Eine wichtige Führungsrolle übernahm der von Erstligist TVB Stuttgart gekommene Rückraumspieler Jan Forstbauer, der mit 75 Treffern die interne Torschützenliste anführt und Tore oft dann beisteuerte, wenn sie besonders wichtig waren. Ansonsten war Ausgeglichenheit Trumpf, weil immer wieder andere Spieler das Ruder in die Hand nahmen. Das machte den HCOB für die Rivalen weniger ausrechenbar. Und für die Rückrunde sind weitere Steigerungen auf jeden Fall möglich. Zum Beispiel, weil mit Rückraumspieler Luis Foege und Kreisläufer Ruben Sousa zwei zuletzt lange fehlende Spieler wieder an Bord sein werden.
Die Einschätzung des Coaches: Stephan Just brachte viel Bundesligaerfahrung als Spieler mit und hat sich als Coach bereits Meriten verdient. Vor eineinhalb Jahren führte er den EHV Aue in die zweite Liga. Beim HCOB verstand er es, den bestehenden Kader in gute Form zu bringen und die Stärken der Mannschaft herauszuarbeiten. Der Coach mit Wurzeln in Eisenach bewertet die bisherige Entwicklung gut, betont aber, nicht zu oft auf die Tabelle zu schauen. „Natürlich nehmen wir den Stand positiv auf. Wir üben uns aber in Demut, es kann noch viel passieren. An unserer Arbeit ändert das nichts.“ Ihm ist klar: Der Modus der Dritten Liga, der für die besten Teams eine harte Aufstiegsrunde vorsieht, erlaubt zu keiner Zeit das kleinste Nachlassen. Stephan Just verwendet dafür gerne den Begriff des „Marathons“. Bis in den Juni hinein muss seine Mannschaft auf höchstem Level liefern, sich zum Ende hin steigern, um den Zweitligaaufstieg schaffen zu können. Für ihn ist derzeit wichtig, „dass wir den nächsten Schritt machen, die Entwicklung weiter vorantreiben.“ In jeder Einheit, in jeder Woche, in jedem Spiel. Es gilt, Automatismen im Zusammenspiel zu optimieren, Alternativen für unterschiedliche Spielsituationen zu integrieren – und für den Fall einer Qualifikation zur Aufstiegsrunde gilt es zudem, die Belastungen so zu steuern, dass in den entscheidenden Wochen im Anschluss an eine lange Hauptrunde die erforderliche Frische vorhanden ist.
Ein Blick in die Statistik: Jan Forstbauer (75) warf die meisten Tore, es folgen Axel Goller (56), Timm Buck (47), Martin Schmiedt (46), Niklas Diebel und Markus Danger (beide 45) sowie Daniel Schliedermann (41) mit jeweils mehr als 40 Toren. In der Torschützenliste der Liga hat der HCOB damit keinen Akteur vorne dabei, das ist aber kein Manko. Es spricht in erster Linie für Ausgeglichenheit und Variabilität. Mit Jan Forstbauer, Daniel Schliedermann und Lukas Rauh waren drei Spieler bei allen 15 Begegnungen im Einsatz.
Lage der Liga: Der HCOB liegt mit 28:2 Punkten vorn, hat gute Chancen auf einen der beiden Startplätze in der Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga. Zweiter sind die Wölfe Würzburg (20:6), die nach einem durchwachsenen Start mit 6:6 Punkten neun Spiele in Folge gewannen. Die Franken haben noch zwei Nachholspiele auszutragen, eines davon gegen den VfL Pfullingen. Dieser ist mit 18:10 Punkten Vierter und hat im Falle eines Sieges gegen die Wölfe wieder gute Chancen aufs Erreichen der Aufstiegsrunde. Die auf Platz drei platzierte Mannschaft von HBW Balingen-Weilstetten II (19:11) spielt eine starke Runde, wäre aber für Aufstiegsspiele nicht teilnahmeberechtigt. Zweitliga-Absteiger EHV Aue ließ einige Male unerwartet Federn und befindet sich mit 18:12 Punkten in Lauerstellung. Von Platz 6 (SV Salamander Kornwestheim, 16:12) bis Platz 13 (SG Pforzheim/Eutingen, 12:18) erstreckt sich das dichtgedrängte Mittelfeld, in das es auch Aufsteiger HG Oftersheim/Schwetzingen (14:18) geschafft hat. Die drei anderen Aufsteiger TG Landshut (6:22), SV 04 Plauen-Oberlosa und TVS 1907 Baden-Baden (6:24) erzielten zwar gelegentliche Überraschungen, haben aber schon einen gewaltigen Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze. Direkte Duelle zwischen Baden-Baden und Plauen sowie Plauen und Landshut werden hier zu Beginn des neuen Jahres zeigen, wer nochmals Perspektiven in Richtung Nichtabstieg entwickeln kann.
Statistik zur Liga: Louis Mönch vom TSB Horkheim ist mit 125 Toren der erfolgreichste Werfer. Er wechselt zur kommenden Runde zum HSC Kreuzlingen in die höchste Liga der Schweiz. Sein erster Verfolger ist Felix Kazmeier vom SV Salamander Kornwestheim, der aufgrund einer Handverletzung in den kommenden Spielen aber nicht wird aufholen können. Die meisten Zeitstrafen erhielten Baden-Badens Julian Schlager (22) und Würzburgs Michel Reitemann (21).
Blick auf die anderen Staffeln: Wenn der HCOB die Aufstiegsrunde erreicht, trifft er im Halbfinale auf einen Vertreter aus der Staffel Nord-Ost. Mit dem MTV Braunschweig (27:3 Punkte) und dem TuS Vinnhorst (24:6) liegen dort zwei Teams auf den ersten beiden Plätzen, gegen die die Handballer aus dem Murrtal in den vergangenen Jahren schon gespielt haben. Dritter Kandidat für die Aufstiegsrunde ist der HC Empor Rostock (22:8), der im DHB-Pokal mit Siegen gegen Bundesligisten für Aufsehen sorgte. In der Nord-West-Staffel haben sich der TV Emsdetten (27:3) und der HC Eintracht Hildesheim (26:2) abgesetzt, der Wilhelmshavener HV (mit Ex-HCOB-Handballer Tim Düren) und die TSG A-H Bielefeld (23:7) können noch aufschließen. In der Staffel Süd-West liegen die HSG Krefeld Niederrhein (29:1) und der TV Gelnhausen (27:3) schon deutlich vorne.
Blick nach oben, Blick nach oben: In der zweiten Liga hat sich der TuS Ferndorf, der sich im Frühjahr 2024 im Aufstiegsspiel gegen den HCOB durchgesetzt hatte, gut akklimatisiert. 16:16 Punkte bedeuten Platz 9, die Siegerländer sind auf Kurs in Richtung Klassenerhalt. Die HSG Konstanz als weiterer Aufsteiger aus der Dritten Liga tut sich eine Etage höher schwer, sie hat noch keine Punkte geholt. Die Abgänge vieler Leistungsträger nach dem Aufstieg konnten nicht kompensiert werden. In der Regionalliga Baden-Württemberg führt die SG Köndringen/Teningen das Tableau mit 30:0 Punkten an. Das Team aus dem Breisgau steht vor der Drittliga-Rückkehr. Als Mitbewerber sind der TV Bittenfeld II (28:2) und der TSB Schwäbisch Gmünd (26:4) verblieben. Zwei Teams aus dieser Liga steigen auf. Drittliga-Absteiger VfL Waiblingen hat nach einer schwachen Phase den Kontakt nach ganz vorne verloren.