Um die erste Halbzeit zu beschreiben, lieh sich HCOB-Trainer Matthias Heineke einen Begriff aus dem Basketballsport: „Das war Run and Gun.“ Viel Rennen, schnelle Abschlüsse. Aber auch: (zu) wenig Abwehr, (zu) wenig Intensität. In der Tat absolvierten die Handballer beider Mannschaften in den ersten 30 Minuten ein immenses Laufpensum, ohne sich dabei weh zu tun. Die Schiedsrichter Philip Peiser und Dominik Schek aus der Pfalz benötigten in den ersten 30 Minuten nur gelbe Karten.
Dafür fielen Tore wie am Fließband, 20 auf beiden Seiten. Der HCOB hatte beim Spielstand von 12:8 einen Vorsprung herausgeworfen. Vor allem die Rückraumspieler Ruben Sigle und Tobias Gehrke setzten sich stark in Szene. Auch Florian Frank ging auf Linksaußen zielstrebig zum Konter davon. Dann folgten im Anschluss an eine Auszeit des Neuhausener Trainerduos Markus Locher und Alexander Trost acht schwache Minuten, in denen der HCOB technische Fehler machte, den Gegner zum Konter einlud und acht Gegentreffer kassierte, bei nur zwei eigenen Erfolgserlebnissen. Der TSV hatte die Partie gedreht, und die 150 trotz Testpflicht in die Halle gekommenen Zuseher machten viel Betrieb.
Der HCOB aber behielt die Ruhe. Isaiah Klein ließ sich von zwei anfänglichen Fehlerversuchen nicht entmutigen. Die nächsten beiden Würfe des Rückraumspielers saßen. Der Ausgleich war wiederhergestellt, und mit einem Remis ging es auch in die Pause, 20:20. TSV-Coach Alexander Trost befand hernach, dass den Zuschauern damit ein attraktives Spiel geboten war. Wer als HCOB-Fan aber isoliert die Gegentorzahl betrachtete, konnte damit nicht zufrieden sein.
Erfreulich allerdings war: Die Murrtaler behielten ihre gute Trefferquote im Angriff auch in den zweiten 30 Minuten bei. Marcel Lenz setzte auf dem linken Flügel wertvolle Akzente. Kevin Wolf nutzte Lücken in der gegnerischen Abwehr zu entschlossenen Durchbrüchen. Und das Zusammenspiel mit Kreisläufer Jakub Strýc funktionierte gut, er erzielte fünf Treffer in der zweiten Halbzeit. Auf der Gegenseite brachten die Neuhausener ihr Angriffsspiel nicht mehr so erfolgreich durch. Das hatte zwei Gründe. Erstens: die gesamte HCOB-Abwehr übte nun wesentlich mehr Druck aus, zwang die Spieler der Gastmannschaft zu technischen Fehlern und zu Würfen aus wesentlich ungünstigeren Positionen. Zweitens: Stefan Koppmeier im Tor des HC Oppenweiler/Backnang war immer wieder mit Glanztaten zur Stelle. In Summe führte das dazu, dass der Favorit nun zielstrebig davonzog. Nach 39 Minuten waren es vier Tore Vorsprung, nach 47 sogar sieben (32:25).
Der HCOB ließ dann ein paar Torgelegenheiten aus, Neuhausen schöpfte beim 31:34 (55. Minute) noch einmal vage Hoffnung. Aber die Gäste agierten in dieser Phase clever. Sie ließen sich nicht aus der Ruhe bringen, nahmen das Tempo auch das eine oder andere Mal geschickt aus der Partie. Zweimal hintereinander setzten sie Kreisläufer Jakub Strýc in Szene, es hieß 31:36 und die Partie war entschieden. Der HCOB hat wichtige Punkte für das Ziel gesammelt, mindestens auf Rang sechs über die Ziellinie zu gehen.
Stimmen zum Spiel
HCOB-Trainer Matthias Heineke: „In der ersten Halbzeit war Run and Gun geboten. Die Schiedsrichter mussten nur Anwurf und Tor pfeifen, ansonsten war keine Intensität im Spiel, deshalb stand es zur Pause auch 20:20. Danach hatten wir häufiger Situationen, in denen wir uns in der Abwehr den Ball erkämpft haben. Daraus sind wir zum Konter abgegangen, und deshalb konnten wir uns absetzen. Für Neuhausen war es ein typischer Heimspielverlauf. Wir können mit der ersten Halbzeit nicht zufrieden sein, aber am Ende haben wir zwei wichtige Punkte eingefahren.“
TSV-Trainer Alexander Trost: „Eine Halbzeit lang waren wir auf Augenhöhe, da war es ein ausgeglichenes und gutes Spiel, das den Zuschauern in der Halle Spaß gemacht. Beide Mannschaften sind mit Vollgas hinten raus gegangen. Dann hatten wir in der zweiten Halbzeit eine schlechte Phase, die zu lang dauerte. Da haben wir zu leichte Fehler gemacht, die Bälle verloren und dann Konter gekriegt. Danach hatte der HC Oppenweiler/Backnang Ruhe, und wir Stress, und das konnten wir dann nicht mehr ausgleichen.“
Rund ums Spiel
39 Tore auswärts, das haben die HCOB-Handballer in der Dritten Liga in sechseinhalb Jahren noch nie geschafft. Sie übertrafen damit die gerade einmal zwei Wochen alte Bestmarke, die 38 Treffer aus dem Spiel in Söflingen.
Der TSV Neuhausen/Fildern war einige Jahre hinweg eine Art Angstgegner für die Handballer aus dem Murrtal. Gerade auf den Fildern gab es jahrelang überhaupt keinen Erfolg. Und darum ist dieser Sieg – Favoritenstellung hin oder her – keineswegs eine Pflichtübung gewesen. Auch die Bilanz aus den Duellen beider Teams hat der HCOB nun ausgeglichen, es steht 12:12.
Überraschung in Blaustein: Der TSV besiegte HBW Balingen-Weilstetten II und hat damit den ersten Saisonsieg eingefahren.
Am kommenden Wochenende trifft der HCOB auf den unangefochtenen und verlustpunktfreien Tabellenführer HSG Konstanz. Gespielt wird am Samstag um 20 Uhr. Weil (nach heutigem Stand) fürs Zusehen ein Schnelltest erforderlich ist, wird das Deutsche Rote Kreuz Oppenweiler sein Testzentrum wieder für Handballfans öffnen. Den Link zu Terminen gibt es auf www.hcob.de/corona